Der Qualitätsrahmen

Der Qualitätsrahmen gilt als Bezugsgrundlage für die Leistung 1 (Visitation). Die Leistungen 2 und 3 beziehen sich auf beauftragte engere Themen.

 

(A) Konzeptqualität
Arbeitsgrundlage der Einrichtung ist ein fachlich fundiertes Konzept das Aussagen zu Leitbild, Menschenbild, Zielen, Zielgruppen, Angeboten, Methoden, Verfahren, und Vorgehensweisen, Personal und Ausstattung sowie zu Kooperationen beinhaltet. Das Gesamtkonzept, präzisiert durch Teilkonzepte, Schlüsselprozess-Vorgaben, Arbeitshilfen u.ä., orientiert Mitarbeiter_innen und Jugendämter. Es verknüpft Analyse, Programmatik, Theoriebezüge, Erfahrungsreflexion, Konkretion und praktische Umsetzung

 

(B) Pädagogisches Klima und Beziehungsgestaltung
Respekt, Wertschätzung, wohlwollendes Verstehen, Verlässlichkeit, Konsequenz, Unterstützung ohne unnötige Einmischung kennzeichnen das Klima in der Einrichtung. Der Ton im Miteinander-Umgehen und die Genauigkeit beim Miteinander-Sprechen zeigen den jungen Menschen, dass sie willkommen sind. Die Beziehungsgestaltung zwischen Kindern/Jugendlichen und den Mitarbeiter_innen ist an den Grundwerten von Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit orientiert. Sie berücksichtigt die individuellen Besonderheiten jeder Person und basiert auf Professionellenseite auf der Einhaltung grundlegender zwischenmenschlicher Werte wie Interesse am Gegenüber, Toleranz, Achtung, Fairness, Vorurteilsbewusstheit und Gerechtigkeitsansprüchen im Verhalten. Das Arbeitsbündnis wird mit Blick auf mit der Hilfe verbundene Ziele, Herkunftserfahrungen, Wiederholung und Übertragung, Verkraftbarkeit und Passung für die jungen Menschen reflektiert angelegt – die immer standardisiert passende Arbeitsbeziehung als gleiche für alle gibt es nicht. Das professionelle Handeln hält die Balance zwischen Nähe und Distanz. Die Fachkräfte geben Raum für eigenständige Entwicklungsprozesse der Kinder und Jugendlichen (setzen Vertrauen in ihre Potentiale); sie bringen auch den Mut auf, in berechtigten Fällen konflikt- und durchsetzungsfähig zu sein.

 

(C) Rahmen, pädagogischer Ort und Alltagsgestaltung
Zur Ortsgestaltung gehören Räume, sächliche Ausstattung, Lage und Umfeldbezüge der Einrichtung sowie Regeln und Rituale. Der Ort Einrichtung ist kind- und jugendgerecht und insgesamt einladend und ansprechend gestaltet. Die jungen Menschen fühlen sich in ihren eigenen und in den halböffentlichen Räumen wohl. Die Einrichtung ist, spezifiziert gemäß Konzept und Zielgruppe, nach außen geöffnet und gestaltet ihre Außenkontakte entlang der Grundsätze von Inklusion, Teilhabe, Normalisierung, Sozialraumorientierung und Austausch mit Umfeldern. Die Regeln orientieren, geben Halt und schränken nachvollziehbar ein. Zugleich bleiben sie besprechbar und werden immer wieder auch auf pädagogische Risiken und Nebenwirkungen hin überprüft. Der Tag ist strukturiert, anregungsreich, enthält attraktive Freizeitangebote und bietet individuelle Freiräume. Die Gestaltung von Alltag und von Sondersituationen wie Geburtstage, Besuche u.a. zeigen, dass die Einrichtung ein guter Ort sein will.
Akzeptanz der Unterbringung bei jungen Menschen ist gegeben. Sofern diese eingeschränkt ist oder fehlt, sind die Fachkräfte dazu mit den jungen Menschen und den Sorgeberechtigten im Gespräch, um Sinnerleben, Annahme und positive Besetzung der Hilfe zu steigern.

 

(D) Individuelle, biografiesensible Hilfe-, Betreuungs- und Erziehungsplanung und -gestaltung
Die individuelle Planung zur Förderung der Entwicklung wird unter Beteiligung aller Betroffenen verständlich formuliert, aufgeschrieben und regelmäßig fortgeschrieben. Sie wird ggf. gemäß den realen Lebensprozessen angepasst und weiterentwickelt. Dabei werden Eigen- und Fremdziele unterschieden. Wünsche der Kinder und Jugendlichen werden wahrgenommen, auf die Einzelnen zugeschnittene bedürfnisorientierte Angebote werden unterbreitet, sofern diese realistisch, leistbar und pädagogisch sinnvoll sind. Arbeitsweisen berücksichtigen Alter und Entwicklungsstand und sind inklusiv, gender- und kultursensibel angelegt. Die Mitarbeiter_innen reflektieren die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen auch auf deren biografischem Hintergrund. Sie versuchen, lebensprägende Erfahrungen und Bewältigungsmuster zu verstehen und vorhandene Entwicklungsmöglichkeiten zu erkennen bzw. passende, annehmbare Angebote zu initiieren. Dabei wird ggf. auch eine vorangegangene Hilfegeschichte ausgewertet, um aus vorausgegangenen Betreuungsprozessen, aus Gelingen und Scheitern zu lernen. Praxisnah beschriebene, auch standardisierte pädagogische Verfahren wie Fallverstehen, Planungsgespräche, Auswertungen sowohl mit den Adressat_innen als auch unter Pädagog_innen geben dem Alltag ein Gerüst und wirken gegen Zufälligkeit, private Vorlieben und Vergessen.

 

(E) Familienbezugsgestaltung
Die Hilfe richtet sich an die gesamte Familie und berücksichtigt die bedeutsamen Bezüge der Kinder und Jugendlichen. Die Einrichtung fördert die Kontakte zwischen jungen Menschen und ihren Familien, sofern sie das Wohl der Kinder nicht gefährden. Eltern werden so weit wie möglich an der Entwicklung ihrer Kinder und deren Alltag im Heim verantwortlich beteiligt. Die Mitarbeiter_innen arbeiten mit ihnen zusammen. Ggf. wird auch außerhalb der Gruppe Kooperation und Unterstützung durch übergreifend tätige Fachkräfte ermöglicht. Es wird gemeinsam gezielt an einer Perspektivklärung für die Kinder und Jugendlichen gearbeitet (Rückführung; andere auf Dauer angelegte Betreuungsform; Ablösung o.a.).

 

(F) Bildungsförderung und schulische Unterstützung
Die Einrichtung sieht sich auch verpflichtet, eigene informelle Bildungsimpulse und Bildungsangebote zu unterbreiten. Diese dienen vor allem der personalen und sozialen Bildung sowie der Kompetenzentwicklung zur Führung eines selbstständigen Lebens. Eine möglichst erfolgreiche schulische Bewährung wird u.a. durch Unterstützung der Einzelnen bei der Schulalltagsbewältigung und Leistungserbringung, durch Hausaufgabenarrangements und Kooperation mit Lehrkräften gewährleistet.

 

(G) Kinderschutz
Mit Blick auf die besondere Schutzbedürftigkeit junger Menschen sind die speziell zu beachtenden Güter die Sicherung von Respekt im Umgang und Beteiligung an sie betreffenden Angelegenheiten, der Schutz vor Schaden und die Förderung des Wohlergehens von Kindern und Jugendlichen in einem sicheren Umfeld. Einrichtungen verfügen über strukturierte Verfahren zum Schutz von jungen Menschen und klare Schrittfolgen, insbesondere der internen Information, Koordination, Weitergabe nach außen und Beratung, in Fällen, wenn das Wohl der Kinder und Jugendlichen in den Einrichtungen selbst gefährdet ist.

 

(H) Beteiligungs- und Beschwerdemöglichkeiten
Kinder und Jugendliche erhalten in allen sie betreffenden Belangen entwicklungsgemäße Beteiligungsmöglichkeiten. Diese werden auf der Grundlage der UN-Charta der Kinderrechte eingerichtet und mit Blick auf Eignung, Annahme, zielführende Wirkungen reflektiert. Kinder und Jugendliche werden entsprechend ihrer Entwicklung über ihre Rechte und Pflichten informiert, bestehende Regeln werden erläutert. Ansprechpersonen innerhalb und außerhalb der Einrichtung, an die sie sich wenden können, wenn sie sich beschweren möchten, sind ihnen (möglichst persönlich) bekannt; ebenso der Weg, wie sie diese leicht, d.h. ggf. auch an den Pädagog_innen vorbei, erreichen können.

 

(I) Umgang mit „Vorfällen“, Konflikten, Krisen
Konflikte und Krisen werden als zum Leben dazugehörig und als Entwicklungschancen gesehen. Ihre Bearbeitung erfolgt konstruktiv, fair, kooperativ und integrativ. Die Ausübung von physischem Zwang ist kein gängiges pädagogisches Vorgehen. Sollte sie in Notsituationen unvermeidlich sein, erfolgt sie transparent und nach beschriebenen Verfahrensweisen. „Besondere Vorkommnisse“ werden den zuständigen Behörden gemäß bestehenden Vereinbarungen mitgeteilt und bearbeitet.

 

(J) Externe Kooperation mit Jugendämtern und anderen Einrichtungen
Kooperationsbeziehungen mit externen Akteuren werden initiativ, vorausschauend, reflektiert, verlässlich im Interesse der Adressat_innen gestaltet.

 

(K) Dokumentation
Es gibt systematische Verfahren zur Dokumentation auf individueller, Gruppen- und Einrichtungsebene (festgelegte Medien, praktikable Dokumente und klare Regeln für die Aufzeichnungen).

 

(L) Reflexion Ergebniskriterien und Auswertung von Hilfeverläufen
Die Einrichtung (Teams, Leitung, Träger) reflektieren regelmäßig die Wirkungen ihrer Arbeit und entwickeln Kriterien für deren Beurteilung. Dabei wird zwischen engen und weiteren, harten und weichen Erfolgskriterien unterschieden. Die Einrichtung erfasst und analysiert systematisch die Erreichung der in den Hilfeplänen formulierten Ziele und wertet aus, was vermutlich zu gelingenden und weniger gelingenden Hilfeverläufen führt. Es wird versucht, Lebensverläufe nach der Unterbringung zu verfolgen bzw. nachträgliche Rückmeldungen von Ehemaligen einzuholen, um daraus Schlüsse für die aktuelle pädagogische Arbeit zu ziehen.

 

(M) Arbeit im Team; Interne Kooperation
Im Team wird auf der Sach- und der Beziehungsebene kooperiert. Es ist in der Lage, Unterschiede zu integrieren, Stärken Einzelner zu mobilisieren, Haltekräfte auf Mitarbeiterebene und gegenüber jungen Menschen zu entwickeln. Sächliche, personelle und fachliche Ressourcen des Trägers werden heimgruppen-, berufsgruppen- und bereichsübergreifend durch Zusammenarbeit nutzbar gemacht.

 

(N) Leitungskultur/-stil
Leitungskultur und -stil orientieren sich an im SGB VIII und in der Konzeption festgelegten Zielen bzw. Aufgaben und dienen der Umsetzung dieser im Einrichtungsalltag. Das Selbstverständnis der Leitung (Aufgaben, Rolle, Kompetenzen, Führungsstil, Erreichbarkeit) ist schriftlich formuliert und wird in seiner Umsetzung kontinuierlich reflektiert, wozu auch Rückmeldungen eingeholt werden. Personalentwicklung wird als Leitungsaufgabe systematisch wahrgenommen. Anzahl, Qualifizierung und Vergütung des Personals entsprechen den Vereinbarungen mit erlaubniserteilenden Behörden und den gesetzlichen Bestimmungen. Mit Abweichungen wird offen und auch gegenüber den zuständigen Stellen transparent umgegangen.